Al­te Uus­drög, Re­de­wen­di­ga und Brüüch rund ums Hürô­ta Teil 02

Al­te Uus­drög, Re­de­wen­di­ga und Brüch rund ums Hürô­ta Teil 02

Uusschtüür

Aus­steu­er / Hausrat

Als «Uusschtüür» (Aus­steu­er) wur­de der Grund­stock an Aus­stat­tung für die Haus­wirt­schaft be­zeich­net, wel­che von der Braut ge­stellt wur­de. Die «Uusschtüür» wur­de von den jun­gen Mäd­chen meist über vie­le Jah­re zu­sam­men­ge­tra­gen, lan­ge vor der Hoch­zeit und oh­ne zu wis­sen, ob ei­ne Hoch­zeit über­haupt je statt­fin­den wür­de. Von ei­ner Hoch­zeit wur­de im Re­gel­fall all­ge­mein aus­ge­gan­gen. Oft­mals be­ka­men die Mäd­chen von El­tern, Got­ta / Göt­ti oder Ver­wand­ten zu Weih­nach­ten oder zum Ge­burts­tag «epp­as füar d’Uusschtüür» ge­schenkt, wie Bett- und Tisch­wä­sche oder an­de­re nütz­li­che Din­ge. Dies lös­te bei sehr jun­gen Mäd­chen eher mäs­si­ge Be­geis­te­rung aus. Bei jun­gen Frau­en im hei­rats­fä­hi­gen Al­ter hin­ge­gen wa­ren die Ge­schen­ke sehr will­kom­men. Vie­le jun­ge Frau­en ar­bei­te­ten mit Stolz und Ei­fer an ih­rer ei­ge­nen Aus­steu­er, in­dem sie De­cken und Kis­sen­be­zü­ge so­wie Tisch­wä­sche her­stell­ten und kunst­voll mit ih­rem Mo­no­gramm be­stick­ten. Auch Koch- und Ess­ge­schirr, Glas­wa­ren, Por­zel­lan, Va­sen, Tie­gel und Töp­fe, Zier­ge­gen­stän­de und Ar­beits­ge­rä­te für den Haus­halt ge­hör­ten zur «Uusschtüür». Nicht sel­ten wur­den den Mäd­chen auch Jahr für Jahr, meist von Got­ta oder Göt­ti, zum Jah­res­wech­sel ein­zel­ne Löf­fel und Ga­beln aus Sil­ber ge­schenkt («s Guat­johr»), um für die Grün­dung des spä­te­ren Haus­stan­des ei­ne voll­stän­di­ge Gar­ni­tur für meh­re­re Per­so­nen in der Aus­stat­tung zu ha­ben. Was am Ta­ge der Hoch­zeit an Ta­fel­sil­ber noch fehl­te, wur­de dann von den Pa­ten er­gänzt und dem Braut­paar als «Ho­or­zig Kroom» ge­schenkt. Zur Aus­steu­er ge­hör­ten in der Re­gel auch Mö­bel (Schlaf­zim­mer / Stu­be). Ei­ne schö­ne «Uusschtüür» war der Stolz und die Freu­de je­der Braut. Sie zeug­te von Fleiss, Spar­sam­keit und Um­sicht der Braut, von gu­tem Ge­schmack so­wie von hand­ar­beit­li­chem Ge­schick und Kön­nen (manch­mal auch von Reich­tum oder Wohlstand).

Schpu­usa-Waa­ga

Wa­gen zum Trans­port der «Uusschtüür» (Haus­rat)

in das neue Heim Für den Um­zug vom El­tern­haus zum neu­en Zu­hau­se des Braut­paars wur­de die ge­sam­te «Uusschtüür» auf ei­nem of­fe­nen (Pferde-)Wagen, dem «Schpu­usa-Waa­ga», schön dra­piert und un­ter dem Bei­fall von schau­lus­ti­gen Nach­barn und an­de­ren Dorf­be­woh­nern vol­ler Stolz durchs Dorf ge­fah­ren. Ein schö­ner und reich­hal­ti­ger «Schpu­usa-Waa­ga» sorg­te all­ge­mein für Be­wun­de­rung und für Gesprächsstoff.

Schpu­usa Waga

Ho­or­zig laada

Ein­la­dung zur Hochzeit

Ei­ni­ge Zeit vor der Hoch­zeit be­such­te das Braut­paar sämt­li­che Ver­wand­ten und Freun­de, die zur Hoch­zeit ge­la­den wer­den soll­ten, um den Bräu­ti­gam bzw. die Braut vor­zu­stel­len und die Gäs­te per­sön­lich zur Hoch­zeit ein­zu­la­den. Da­bei war es der Brauch, dass die Gäs­te dem jun­gen Paar ei­nen «Ho­or­zig-Kroom» schenk­ten. Meist war es et­was Nütz­li­ches und Schö­nes, um den neu­en Haus­stand zu er­gän­zen. Manch­mal wur­de das Paar nach sei­nen Wün­schen ge­fragt. Ob­wohl die Braut ih­re «Uusschtüür» vor der Hoch­zeit in der Re­gel schon bei­sam­men­hat­te, freu­ten sich die Braut­leu­te doch, dass ih­re Grund­aus­stat­tung mit schö­nen Hoch­zeits­ge­schen­ken er­gänzt wur­de, die das jun­ge Paar sich viel­leicht selbst nicht ge­leis­tet hät­te. Es konn­te na­tür­lich auch vor­kom­men, dass das Paar die­sel­ben Ge­gen­stän­de zwei­fach oder drei­fach er­hielt. Des­halb wur­den im Lau­fe der Zeit die selbst­er­stell­ten «Wunsch-Zae­del» ein­ge­führt, auf de­nen die Ge-schenk-Wün­sche der Braut­leu­te auf­ge­führt wa­ren und wel­che spä­ter dann durch die Ge­schenk-Al­ben ab­ge­löst wur­den, wel­che von Fach­ge­schäf­ten ge­mäss den Wün­schen des Braut­paars an­ge­fer­tigt und den Braut­leu­ten zur Ver­fü­gung ge­stellt wur­den. Je­de Sei­te des Al­bums war mit klei­nen her­aus­lös­ba­ren Kärt­chen be­stückt, auf de­nen das ge­wünsch­te Ge­schenk mit Fo­to und Preis­an­ga­be vom Ge­schäft vor­ge­stellt wur­de. Die Al­ben ent­hiel­ten ei­nen Mix fürs gros­se so­wie auch fürs klei­ne Bud­get. Die Gäs­te wähl­ten je­weils «ihr» Hoch­zeits­ge­schenk aus und ent­nah­men dem Al­bum das ent­spre­chen­de Kärt­chen, manch­mal auch meh­re­re, um sie da­nach im Ge­schäft vor­zu­wei­sen und das Ge­schenk zu kau­fen. Die Gäs­te wuss­ten so­mit, dass «ihr» Ge­schenk auf je­den Fall pass­te und Freu­de be­rei­te­te und auch nicht be­reits vor­han­den war. Nach ei­ni­gen Jahr­zehn­ten war auch der Ge­brauch von Ge­schenk-Al­ben eher rück­läu­fig. Mit dem ge­sell­schaft­li­chen Wan­del und ver­än­der­ten Le­bens­sti­len (Ein­zel­haus­hal­te, ge­mein­sa­me Haus­hal­te vor der Hei­rat, Wohn­ge­mein­schaf­ten) ent­fällt die Not­wen­dig­keit und/oder die Sinn­haf­tig­keit zur Haus­halts-Aus­stat­tung als Hoch­zeits­ge­schenk. Der «Ho­or­zig-Kroom» be­steht heut­zu­ta­ge eher aus Geld­ge­schen­ken, zum Bei­spiel für die Hochzeitsreise.

Ho­or­zig-Kroom

Ge­schenk zur Hochzeit

Wer als er­wach­se­ne Per­son ei­nem jun­gen Mäd­chen be­son­de­re An­er­ken­nung, Dank­bar­keit oder Sym­pa­thie be­zeu­gen woll­te, der stell­te ihr ger­ne ei­ne be­son­de­re Ga­be zur Hoch­zeit in Aus­sicht. «Du kunn­scht denn amol an schöö­na Hor­zig-Kroom vo mi­ar öber». So ein Ver­spre­chen war ei­ne Art Aus­zeich­nung und drück­te gros­se Wert­schät­zung dem Mäd­chen ge­gen­über aus. Ein «Ho­or­zig-Kroom» wur­de als ed­les und wert­vol­les Ge­schenk er­ach­tet. Es war kei­ne all­täg­li­che Ga­be. Gleich­zei­tig zeigt die­se Re­de­wei­se auch ei­ne weit­ge­hen­de ge­sell­schaft­li­che Ho­mo­ge­ni­tät auf, mit gleich­för­mi­gen Le­bens­sti­len im land­wirt­schaft­lich ge­präg­ten Dorf. Bei jun­gen Mäd­chen ging man in ers­ter Li­nie von Hei­rat und Haus­halts­grün­dung aus so­wie von ge­rin­gen fi­nan­zi­el­len Möglichkeiten.

Kranz­na / Kranza

Tan­nen­zwei­ge zu ei­nem Kranz winden

Bei ei­ner an­ste­hen­den Hoch­zeit war es all­ge­mein der Brauch (und ist es teil­wei­se auch heu­te noch), dass die «le­di­gen» Nach­barn des Vier­tels für die Braut­leu­te «kranz­ne­ten», das heisst die un­ver­hei­ra­te­ten Leu­te der Um­ge­bung um­kränz­ten die Haus­tü­ren bei­der El­tern­häu­ser der Braut­leu­te und manch­mal auch des neu­en Heims mit fri­schen, zu Krän­zen ge­wun­de­nen Tann­zwei­gen. Die lan­gen grü­nen Krän­ze selbst wur­den ge­schmückt mit weis­sen (und ro­ten) Rös­chen und Schlei­fen aus Krepp-Pa­pier. Sie um­rahm­ten die Haus­tür und er­streck­ten sich beid­sei­tig der Ein­gangs­trep­pe ent­lang, und eben­so über den Zu­gangs­weg des Hau­ses, bis hin zur Stras­se. Mit­ten über der Haus­tür prang­te meist ei­ne um­kränz­te Ta­fel mit der Auf­schrift: «Viel Glück dem Braut­paar». Im Lau­fe der Zeit ka­men ver­ein­zelt auch noch an­de­re Uten­si­li­en da­zu, wie et­wa Wä­sche­lei­nen mit Ba­by-Wä­sche oder ein Storch in Le­bens­grös­se. Zu­dem be­ka­men die Braut­leu­te von den «Kranz­nern» und «Kranz­ne­rin­nen» je­weils ein schö­nes Geschenk.

Kranz­ner-Fescht

Kurz vor der Hoch­zeit lud das Braut­paar al­le «Kranz­ner und Kranz­ne­rin­nen» zu ei­nem ge­sel­li­gen «Kranz­ner-Fescht» mit Spei­sen und Ge­trän­ken ein. Nicht sel­ten gab es da­zu Mu­sik und Tanz. Das Fest war ein Dan­kes­schön an die jun­gen Freun­de und Nach­barn für ih­ren Bei­trag zur Hoch­zeit und eben­so ei­ne ge­mein­sa­me Fei­er zum Ab­schied vom Le­di­gen-Stand (un­ge­fähr wohl ver­gleich­bar mit dem heu­ti­gen Pol­ter­abend). Für die «Kranz­ner und Kranz­ne­rin­nen» selbst aber war der An­lass ei­ne wei­te­re will­kom­me­ne Mög­lich­keit zum fröh­li­chen Bei­sam­men­sein oder auch zum un­ge­zwun­ge­nen An­ban­deln mit an­de­ren jun­gen Leu­ten im hei­rats­fä­hi­gen Al­ter. Die Mög­lich­kei­ten für Frei­zeit­ak­ti­vi­tä­ten oder Fes­ti­vi­tä­ten wa­ren näm­lich bis Mit­te des 20. Jahr­hun­derts auch für jun­ge Leu­te eher spär­lich und be­schränk­ten sich meist auf kirch­li­che Fest- und Fei­er­ta­ge so­wie Ver­eins­an­läs­se. Je­de wei­te­re Ge­le­gen­heit, die sich im All­tags­le­ben un­ter dem Jahr er­gab, wur­de ger­ne genutzt.

Ver­eins-Ständ­li

Ständ­chen von den Vereinskollegen

In der Wo­che vor der Hoch­zeit war der Tag des «Ver­eins-Ständ­lis» für bei­de Sei­ten von gros­ser Be­deu­tung. Die Ver­eins­kol­le­gen der Har­mo­nie­mu­sik oder des Kir­chen­chors (da­mals be­stan­den die Ver­ei­ne aus­schliess­lich aus Män­nern) be­such­ten das Braut­paar zu­hau­se und brach­ten ih­nen ein Ständ­chen dar als Ge­schenk und als Aus­druck der ka­me­rad­schaft­li­chen Ver­bun­den­heit und Nä­he zum Bräu­ti­gam und sei­ner Braut. Die Ver­eins­kol­le­gen wa­ren je­weils gut vor­be­rei­tet auf den wich­ti­gen Abend. Und das Braut­paar war es auch. An­schlies­send an Mu­sik- oder Ge­sangs­dar­bie­tun­gen lu­den die Braut­leu­te die Ver­eins­kol­le­gen na­tür­lich zu ei­nem Fest ein.

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