Alte Dialekt-Ausdrücke und ‑Redewendungen in Eschen-Nendeln 02
Dialekt-Ausdrücke
gfôhrat
erwartet, sich erhofft, entgegensehnen, herbeiwünschen, von etwas ausgehen, auf etwas spekulieren, etwas entgegensehen, davon ausgehen, sich wünschen
Dii homer o «gfôhrat» bi dr Versammlig. Dich haben wir auch erwartet bei der Versammlung. Das «fôhri» scho vo dir. Das erwarte ich schon von dir.
gschtaabat
(Adj.) ungelenk, hölzern, etwas steif, leicht verkrampft, unbeweglich, unbeholfen, ungraziös, ungeschickt, nicht agil, langsam
Es ischt an «gschtaabata» Kärli, wo net viel haerabringt bim Schaffa. Es ist ein langsamer Bursche, der nicht vorwärtskommt beim Arbeiten.
gschtäät
(Adj.) achtsam, vorsichtig, umsichtig.
«Tô gschtäät fahra» war eine gängige Ermahnung von Erwachsenen an Kinder, wenn diese alleine mit dem Fahrrad auf der Strasse unterwegs waren.
Phengt
Vorrichtung, mit der die Türe am Türrahmen eingehängt, beziehungsweise befestigt wird.
Zum «Phengt» gehören folgende Teile Türangel, Scharniere, Bänder. «S‘Phengt» isch kaputt ganga und lôtarat. Die Türangel ist defekt und lose.
verschwella
quellen lassen, verdichten
Bis vor etwa 50–60 Jahren wurden hierzulande vielerlei Holzgefässe und ‑behälter sowie auch Blechgefässe und ‑behälter verwendet, da Kunststoffbehälter noch nicht bekannt waren. In Gebrauch waren z.B. Holzfässer aller Art und Wannen («Stanna» z. B. zum Waschen) sowie auch allerlei andere Behälter aus Holz. Im Herbst sah man auf vielen Hausplätzen Fässer (Mostfässer) stehen, die man, wenn sie längere Zeit leer standen, «verschwella» musste, d.h. sie wurden mit Wasser gefüllt und einige Stunden oder Tage stehen gelassen. Das war auch bei der «Krut-Stanna» (Sauerkraut-Behälter) oder beim «Bschöttifass» (Güllefass) der Fall, wenn diese lange an der Sonne lagen. Diese Holzgefässe / ‑behälter (Fässer, Wannen usw.) waren leerstehend nach längerem Nichtgebrauch nicht mehr dicht; das Holz ist geschwunden. Holz kann bekanntlich quellen und schwinden. Dies ist beim Holz ein biologischer Prozess, der sich aus den Wassermengen ergibt, die durch die Zellwände des Holzes gebunden werden. Beim «verschwella» wird also die vorher (beim Leerstehen) abgegebene Wassermenge wieder ersetzt.
Dialekt-Redewendungen
Met dr Liich gô / zur Beerdigung gehen
Früher sagten die wenigsten Leute: Ich gehe morgen zur Beerdigung, sondern «i gang marn met dr Liich». Ich gehe morgen mit der Leiche. Damals – es gab ja noch keine Totenkapelle – wurde die verstorbene Person noch von Zuhause (beim Trauerhaus) abgeholt und in Prozession zum Friedhof begleitet. Das waren zum Teil grössere Wegstrecken. Wenn jemand von Aspen, Müssnen oder Schönbühl verstarb, ging der Leichenzug über Rofenberg – bei der Kapelle vorbei (im Kappele wurde dann geläutet) – zum Friedhof. «Met dr Liich gô» bedeutete also die Verstorbenen vom Wohnhaus bis zum Friedhof zu begleiten. Dies galt auch für Verstorbene in Nendeln, von wo der Leichenzug bis zum Eschner Friedhof ebenfalls eine grosse Wegstrecke zurücklegen musste.
Sos ned
Sonst nicht (Ich mag nicht)
«Sos ned» hörte man besonders bei Kindern als oft gebrauchte Ausrede und zwar dann, wenn sie etwas gefragt wurden, aber nicht zusagen wollten, keinen Grund für die Absage hatten oder diesen nicht bekannt geben wollten. Das eine Kind fragt: «Kunnscht zu mir gi hüüsla»? (Kommst du zu mir zum Spielen?) Antwort «nei» (nein). Gegenfrage «Warum ned»? (Warum nicht)? Verlegenheitsantwort: «Sos ned». Das könnte z.B. der Fall sein, wenn das eine Kind den Spielgefährten nicht so mag und deshalb nicht hin gehen will oder weil es vielleicht schon mit einem anderen Kind etwas abgemacht hat und diesen Grund nicht preisgeben möchte. In diesem Fall halt die Verlegenheitsantwort: «Sos ned». Heute ist diese Redewendung aus dem Dialektwortschatz fast gänzlich verschwunden.
Magscht Küachle?
Magst du Küchlein?
In der Fastnachts- und in der Fastenzeit bis zum Funkensonntag (Küachle-Sunntig) gab es den Brauch des «Küachle»-Backens. Dabei handelte es sich um bestimmte süsse (meist etwas ölige oder fette) Gebäcksstücke, die in (fast) jedem Haushalt nach traditionellen Familienrezepten hergestellt wurden. Es gab «ussabachne Küachle», Schenkele, Pümperle, Backrollen oder Fastnachtskrapfen. Wenn ein junger Mann ein Mädchen von einem Anlass nach Hause begleitete und sie ihn beim Verabschieden mit der Frage: «Magscht Küachle» ins Haus einlud, wusste er, dass er ihr gefiel und er durfte hoffen, dass sich die Tür für ihn vielleicht nicht nur heute, sondern auch an weiteren Tagen für einen Besuch öffnen würde.
Zuar Schtoberti gô
Besuch der Liebe wegen
Ein Mädchen im heiratsfähigen Alter regelmässig besuchen und eine Paar-Beziehung aufbauen. Der junge Mann «Schtoberti-Buab» besucht das Mädchen zu Hause, bei ihrer Familie, meist dienstags und donnerstags am Abend sowie sonntags. Zum Anfang geht manchmal ein Freund mit oder gar mehrere. Wenn das Mädchen sich interessiert zeigt, kommt der «Schtoberti-Buab» weiterhin zu Besuch, ohne seine Freunde.
Schtoberti haa
Einen «Schtôberti-Buab» haben
Eine feste Beziehung zu einem heiratsfähigen Mann pflegen.
Bôck-Gelt zahla
Eine Art Lösegeld bezahlen
Die jungen Männer einer Gemeinde «nötigen» einen auswärtigen «Schtoberti-Buab» zum Zahlen eines Lösegeldes (meist ein, zwei Runden Bier) als Entschädigung an die Jungmänner der Gemeinde. Da der auswärtige «Schtoberti-Buab» ihnen ja eines «ihrer» Mädchen weggenommen hat oder wegzunehmen im Begriffe ist, kann es auch vorkommen, dass die Jungmänner einen zahlungsunwilligen auswärtigen (nicht der Gemeinde zugehörigen) «Schtoberti-Buab» bedrohen, indem sie ihm «Schleeg aaträägen», ihm also Hiebe in Aussicht stellen oder «zlaadwärchen» anderes Ungemach androhen, falls er nicht in eine Zahlung einwilligt.