Al­te Uus­drög, Re­de­wen­di­ga und Brüüch rund ums Hürô­ta Teil 01

Al­te Uus­drög, Re­de­wen­di­ga und Brüüch rund ums Hürô­ta Teil 01

Dia­lekt-Aus­drü­cke

Ho­or­zig uufheeba
Am Tag der Hoch­zeit den Hoch­zeits­zug (-wa­gen) des Braut­paars samt sei­nen Gäs­ten anhalten

Als die Braut am Tag der Hoch­zeit vom Bräu­ti­gam bei ih­rem El­tern­haus ab­ge­holt wur­de, be­stand frü­her der Brauch des “Ho­or­zig uf­hee­ba”. Da­bei wur­den Sei­le und Schnü­re quer über den Weg ge­spannt, um klar zu ma­chen, dass man die Braut nicht so ein­fach “zie­hen las­sen” möch­te. Sie soll nicht «weg­ge­holt» wer­den, oh­ne dass der «Braut­füh­rer» (männ­li­cher Trau­zeu­ge) die Braut frei­kauft, in­dem er an je­des ein­zel­ne “Blo­cka­de-Päär­le” Geld­mün­zen oder ‑no­ten ver­teil­te. Die “Päär­le” (Zwei­er-Grup­pen) wa­ren meist Kin­der und Ju­gend­li­che aus der Nach­bar­schaft, die je­weils die bei- den En­den ei­ner Schnur für die Blo­cka­de in die Hö­he hiel­ten. Die “Päär­le” stan­den mit den Sei­len und Schnü­ren meist dicht hin­ter­ein­an­der auf dem Weg der Hoch­zeits­ge­sell­schaft, so dass der Trau­zeu­ge nicht weit von Kind zu Kind lau­fen muss­te, um sein Geld los­zu­wer­den. So­bald ein “Päär­le” sein Lö­se­geld er­hal­ten hat­te, leg­ten die bei­den Kin­der ih­re Schnur auf den Bo­den und die Hoch­zeits­ge­sell­schaft konn­te pro­blem­los bis zum nächs­ten Ge­spann dar­über hin­weg fah­ren oder gehen.

An Schmotz, a Schmötz­le geh
Sich küs­sen, ei­nen Kuss geben

“I ha mim Schatz a Schmötz­le geh”. Ich ha­be mei­nen Schatz meine(n) Geliebte(n) geküsst.

D‘Brutt schtaeh­la
Die Braut entführen

Bei der Hoch­zeits­fei­er, die noch bis in die 60er-Jah­re des letz­ten Jahr­hun­derts meist schon am Vor­mit­tag mit der kirch­li­chen Trau­ung be­gann und den gan­zen Tag über an­dau­er­te (meist bis in die spä­ten Nacht- oder so­gar in die frü­hen Mor­gen­stun­den), mach­te sich ei­ne Grup­pe von meist jun­gen Män­nern ei­nen Spass dar­aus, wäh­rend der Fest­lich­kei­ten (vor­wie­gend nach­mit­tags) die Braut zu «ent­füh­ren». Die Grup­pe fuhr mit der Braut von Gast­haus zu Gast­haus und der Braut­füh­rer, der nicht gut auf­ge­passt hat­te – er war ja für die Si­cher­heit der Braut ver­ant­wort­lich – hat­te die Auf­ga­be, die­se auf­zu­fin­den und zur Hoch­zeits­ge­sell­schaft zu­rück­zu­brin­gen. Da­bei war er ver­pflich­tet, die Kon­su­ma­ti­on der “Ent­füh­rer” in al­len be­such­ten Gast­häu­sern zu be­zah­len. Die «Ent­füh­rer» aber kon­su­mier­ten mög­lichst schnell, viel und teu­er. So war dem Braut­füh­rer ne­ben et­li­chen of­fe­nen «Zecher»-Rechnungen auch der Spott der Hoch­zeits­ge­sell­schaft si­cher, wenn er die Braut nicht rasch fin­den und zu­rück­brin­gen konn­te. Hat­te er nicht al­le Gast­häu­ser ge­fun­den oder ei­nes aus­ge­las­sen, so muss­te er am Tag nach der Hoch­zeit wei­ter­ma­chen mit sei­ner Tour, bis al­les be­gli­chen war. An ei­ner Hoch­zeit im Dorf nah­men so­mit auch wei­te­re Gast­häu­ser teil, nicht nur je­nes, wo die Fei­er stattfand.

D´Brut schtaeh­la

Brutt­schua verschteigera
Braut­schuh versteigern

Um die fi­nan­zi­el­le Be­las­tung des Braut­paars bei ei­ner Hoch­zeit, oft mit gros­ser Gäs­te­schar, et­was zu re­du­zie­ren, gab es den Brauch, ei­nen Schuh der Braut zu ver­stei­gern. In ei­ner Art Auk­ti­on for­der­te der «Auk­tio­na­tor», meist war es der Braut­füh­rer, die Gäs­te zum «Bie­ten» auf. Er nann­te ein ge­rin­ges Min­dest­ge­bot und je­der Gast, der ein Ge­bot mach­te, muss­te die Dif­fe­renz zum vor­an­ge­gan­ge­nen Ge­bot so­fort in bar be­zah­len. Zu die­sem Zweck mach­te ein Korb die Run­de im Saal. Meh­re­re Ge­bo­te pro Gast wa­ren mög­lich. So ka­men al­le Gäs­te zum Zug und das Braut­paar zu Spe­sen-Geld. Es war das Ziel ei­nes en­ga­gier­ten Braut­füh­rers, die Gäs­te mit ei­nem ge­konn­ten Auf­tritt, mit gu­tem Mund­werk und flot­ten Sprü­chen mög­lichst gut zu un­ter­hal­ten und zu fleis­si­gem Spen­den zu­guns­ten des Braut­paa­res zu animieren.

Die­ser Brauch grün­det wohl dar­in, dass in den meis­ten bäu­er­li­chen Selbst­ver­sor­ger-Fa­mi­li­en eher we­nig Bar­geld vor­han­den war und ei­ne gros­se Hoch­zeit die Fa­mi­li­en fi­nan­zi­ell ver­hält­nis­mäs­sig stark belastete.

Am Ho­or­zig-Paar gschen­da / laad­wär­cha
Mit dem Hoch­zeits­paar Scha­ber­nack trei­ben / Strei­che spielen

Die jun­gen Freun­de und Ver­wand­ten mach­ten sich oft ei­nen Spass dar­aus, im neu­en Heim des frisch ver­mähl­ten Paars al­ler­hand Hin­der­nis­se und Bar­rie­ren auf­zu­bau­en. Dies, da­mit die Braut­leu­te nach der Hoch­zeits­fei­er bei ih­rer An­kunft zu­hau­se, das Haus oder das Schlaf­zim­mer nicht un­ge­hin­dert be­tre­ten konn­ten. So muss­ten sie meist mit ver­ein­ten Kräf­ten erst ar­bei­ten, weg­räu­men, auf­bau­en oder er­rich­ten, be­vor sie die Woh­nung oder die Zim­mer be­nut­zen konn­ten. Zum Bei­spiel wur­de der Zu­gang zum Schlaf­zim­mer oder das Schlaf­zim­mer selbst voll­ge­stellt mit Schüs­seln, Krü­gen, Kü­beln und Töp­fen vol­ler Was­ser. Da­durch war nicht nur der Zu­gang zum Bett ver­sperrt. Oft­mals wur­de gleich das gan­ze Bett in sei­ne Ein­zel­tei­le zer­legt oder es wur­de auch schon mal ei­ne Tür «pro­vi­so­risch» zugemauert.

Das Braut­paar hat­te al­so noch vor der ers­ten Nacht zu­hau­se al­ler­hand ers­te Be­las­tungs-Si­tua­tio­nen zu meis­tern und sei­ne Team­fä­hig­keit bei der Lö­sungs­fin­dung zu be­wei­sen. Die Freun­de wa­ren meist nicht weit und konn­ten be­ur­tei­len, wie gut das Braut­paar sich mach­te. Viel Scha­ber­nack war auch ein Be­weis da­für, dass das Braut­paar vie­le en­ge Freun­de hatte.

Am Ho­or­zig-Paar gschenda